Theaterworkshop im Oktober 2017 in Hamburg

Theater, Theater, der Vorhang geht auf.

Am Wochenende vom 13.-15. Oktober fand in Hamburg an der Horner Rennbahn der Theaterworkshop statt.
Wieder für Stottis. Juchu! Damit verband ich bisher nur Gutes, denn ich hatte einige Stottis in einem Projekt kennengelernt, in dem wir ein Jahr lang Theater gespielt und am Ende ein Stück auf die Beine gestellt hatten. Daher kam auch die Idee noch einen Workshop anzubieten. Ich freute mich sehr auf das Wochenende.

Freitag.
Ich lernte die Gruppe nach und nach kennen. Eine durchweg sympathische Truppe. Als ich meine erste Übung mit Ihnen machte, hielt sich die Begeisterung jedoch etwas in Grenzen. Sich vor eine Gruppe zu stellen und sich so vorzustellen, wie man eben genau nicht ist, ist ja auch nicht einfach. Einer nach dem anderen stellte sich jedoch vor, so wie er nicht ist, bis am Ende alle fertig waren. Einige mussten dazu mehr Mut aufbringen als andere. Das erste Mal die Angst durchbrechen, sich vor andere hinzustellen ist eben immer ein Schritt für sich. Aber: alle haben es geschafft!
Die Gruppe bestand zwar aus vielen netten Menschen, der Schwung fehlte zunächst aber etwas. Und so entschloss ich mich die Übungen am Freitag etwas kürzer zu gestalten als ich es geplant hatte. Adrenalin an – Adrenalin aus – das schlaucht eben auch ganz schön.

Samstag.
Am nächsten Tag ging es dann los. Die Teilnehmer entwickelten ihre Ideen mit viel mehr Leichtigkeit und Lebendigkeit als am Tag zuvor. Es wurde gelebt was Theater ausmacht: Fehler machen erwünscht, Proben kommt von ausprobieren, Perfektion ist langweilig, je merkwürdiger die Figur im wahren Leben wäre, desto mehr Erfolg hat sie als Theaterfigur und Theater ist die Freude am Scheitern.
Wir probierten Ticks und Macken aus, entwickelten Szenen und Figuren und wir versuchten uns so laut wie möglich mit einer Kraftstimme, die nicht im Hals einen Krampf hervorruft, zu beschimpfen, was in der liebevollen Atmosphäre auch keiner falsch verstand.  Höchstens der Nachbarraum, in dem gerade ein Deutsch-Türkisches Treffen stattfand…
Beim Texte lesen kombinierten wir weiche Einsätze mit emotionalem Ausdruck. Und zwar zu anspruchsvollen Texten von Goethe und Kästner. Dies gelang allen gut und ich selbst war von der neuen Ausdrucksmöglichkeit über den weichen Einsatz sehr angetan. Ich habe mir vorgenommen ihn bei Gelegenheit in einem Profistück zu verwenden.
Am Samstagabend war dann natürlich auch ein wenig Freizeit in Hamburg angesagt. Im Portugiesenviertel gingen wir zum Essen aus. Das Wort des Abends: Knoblauch.
 
Sonntag.
Schon der letzte Tag. Heute stand Pantomime auf dem Programm. Das ist nämlich gar nicht so einfach, wenn man wirklich gar nichts mehr sagen darf und alles auf Körpersprache reduziert werden muss. Um es noch schwerer zu gestalten brachte ich Masken mit, damit auch keine Mimik helfen konnte.
Um anschließend wieder in die Sprache zu kommen, benutzten wir das Kinderlied “Ein Mops kam in die Küche…”. Die sechs Parameter, die Sprache interessant für den Zuhörer werden lassen, sollten angewendet werden: Hoch-Tief, Schnell-Langsam und Laut und Leise. Wir hatten diese am Samstag beim Lesen bereits angewendet. Mit Hilfe der Parameter kann zum Beispiel aus dem Mops ein ganz dicker Mops gemacht werden, indem man die Stimme dazu tief, laut und langsam anwendet. Sagt man “Mops” mit hoher, leiser Stimme und ganz kurz, so ist dem Zuhörer klar, dass es sich hier eher um ein Möpschen als um einen dicken Mops handelt.

Dann war schon wieder Ende des Wochenendes. Schade. Ich hätte noch weitermachen können. Meine Erfahrungen im Theater als Nicht-Betroffene mit Stotterern sind sehr positiv. Ich habe das Gefühl in einer Atmosphäre zu arbeiten, die immer wohlwollend und offen ist. Ich habe auch festgestellt, dass Stotterer besser auf einander hören, als es Nichtbetroffene tun. Für das Theater ist das eine wichtige Voraussetzung, dass man aufeinander hört. Dies ist der wichtigste Unterschied, den ich im Vergleich zu “normalen” Gruppen feststellen kann. Ein entscheidender Vorteil – auch fürs Leben finde ich. Das Stottern selbst nehme ich übrigens kaum noch wahr: Die Teilnehmer wissen, dass es eben auch Szenen gab, in der das Stottern so zur Figur gehörte, dass es gefehlt hätte, wenn es weg gewesen wäre.
Ich bedanke mich herzlich bei der Gruppe, es war toll euch kennengelernt zu haben. Man sieht sich immer zwei Mal im Leben. Ich freue mich drauf!

von Julia Leege

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